oder: Noch eine Geschichte vom "Heißen Brei"
Im Huy, einem mit Laubwald bedeckten Höhenzug bei Halberstadt, findet sich in der Nähe des Klosters Huysburg an einer alten Forststraße die Daneilshöhle. Teils natürliche, teils menschliche Kräfte haben die Räume im Buntsandsteinfelsen entstehen lassen. Mit dem davor befindlichen Platz und den umstehenden Buchen sieht der Ort eigentlich ganz einladend aus ...
Einst lebte im Huy der gefürchtete Räuber Daneil. In dem bewaldeten Bergrücken hatte er sein Versteck: eine in den Fels gehauene Wohnung, deren Öffnungen dicht verschlossen werden konnten. Sein Pferd trug verkehrt herum angeschlagene Hufeisen, so dass er alle Verfolger täuschte. Ein raffiniertes System aus Fäden und Glöckchen rund um seine Höhle warnte ihn vor jedem Eindringling. Daneil, dessen Taten in der Umgebung Angst und Schrecken verbreiteten, fühlte sich so sicher, dass er sogar ein Mädchen raubte und sie gegen ihren Willen zur Frau machte. Bei Gott musste das fromme Mädchen schwören, dass sie ihn weder verlassen noch einem lebenden Wesen von der Höhle berichten werde. Es dauerte mehrere Jahre Bittens und Leides, ehe sich der Räuber einmal dazu erweichen ließ, der Frau bis zum Sonnenaufgang einen Ausflug zu gestatten.
Die Füße trugen sie nach Halberstadt und da sie sich in ihrer Not niemanden Lebendigen anvertrauen konnte – sie hatte es ja geschworen – so erzählte sie ihr Leid dem steinernen Roland auf dem Marktplatz. In dessen Nähe stand aber zufälligerweise ein Gerichtsdiener, der alles mithörte. So gelangte ihr schreckliches Geheimnis ans Licht. Ein Priester entband sie ihres gegebenen Eides, so dass sie alles berichten konnte. Schnell waren einige Leute zusammengetrommelt, die Daneil ans Leben wollten. Zwar kehrte die Frau in die Höhle zurück, um den Übeltäter nicht misstrauisch werden zu lassen, aber sie hatte Erbsen auf ihren Heimweg ausgestreut, so dass die Bürger ihr folgen konnten. Nun lockte das Mädchen Daneil zum Mittagsschlaf vor die Höhle, doch die Fäden mit den Glöckchen warnten den Räuber vor dem Überfall. Schnell verschwand er, das streubende Mädchen wütend dalassend, in der Höhle, verrammelte sie fest und uneinnehmbar. Ratlos standen die Stadtknechte davor. Aushungern war bei den Vorräten in der Höhle unmöglich, zu bestürmen war sie ebenso wenig. Da kam einer der Männer auf die Idee heißes Wasser von oben in die Behausung zu gießen. Doch das Wasser lief aus allen Ritzen, so dass Daneil nur spottend in seiner sicheren Höhle saß. Aber die Idee ward weiter gedacht und man kam auf dem Plan statt heißem Wasser, heißen Brei in die Höhle zu füllen. Aus allen umliegenden Dörfern wurde Wasser und Mehl herangeschafft, sobald ein Kessel mit Brei kochte, wurde er in die Dachöffnung gegossen. Und mit der Zeit verstummte das Gelächter des Räubers. Man fand ihn tot am Eingang seiner Höhle liegend.