Hexen –Unheimlich, gefürchtet, verfolgt
Unter einer Hexe wird gemeinhin eine mit besonderen, magischen Fähigkeiten ausgestattete Person verstanden.
Über die Jahrhunderte hat es jedoch eine Über- und Verlagerung unterschiedlicher Vorstellungen, Bewertungen sowie äußerer Beschreibungen der Hexen gegeben. Wie stellt man sich eine „klassische Hexe“ vor – mit Kopftuch oder Zauberhut?
Das heutige Hexenbild baut zudem auf diversen und vermischten Quellen auf: Mit Zauberkräften ausgestattete männliche und weibliche Personen werden in der Antike (Medea), vorchristlichen/germanischen Welt (kultisch tätige Menschen oder ‚Weise Frauen’), in Märchen und Sagen sowie in der Zeit der Hexenverfolgungen beschrieben. Letztere suchten eine christliche Legitimation, das Urteil christlicher Gelehrter fiel jedoch zu den Verfolgungen von zustimmend über tolerierend bis ablehnend aus. Dabei wurde der angebliche „Schadenszauber“, der eher den Volkszorn auf sich zog, nicht unbedingt als das größere Übel gesehen, sondern die damit verbundene Abkehr von Gott.
Auch die Wertung der Hexen wandelte sich in den Jahrhunderten: Von der vermutlich ‚neutralen’ Beschreibung einer auratischen Person (z. B. eines Wissens- oder Kultträgers) über die „Dämonisierung“ alter Wissensträger durch das Christentum bis hin zur heutigen Sicht. Diese kann sowohl zwischen einer ‚guten’ und einer ‚bösen’ Hexe unterscheiden, als auch einer Figur, in der beide Anteile vertreten sind.
Der Harz hat mit dem Brocken (oder auch Blocksberg genannt) einen besonderen Kulminationspunkt des Hexen- und Teufelsglaubens. Seine „Karriere“ begann im 17. Jahrhundert als Johannes Praetorius seine Blocksberges-Verrichtung, oder ausführlicher geographischer Bericht von den hohen trefflich alt- und berühmten Blockesberge in gleichen von der Hexenfahrt und Zaubersabate so auff solchen Bergen die Unholden aus ganz Teutschland jährlich den 1 Mai in Snct-Walpurgis Nachte anstellen sollen, aus vielen Autoribusabgefasset und schönen Raritäten angeschmücket samt zugehörigen Figuren veröffentlichte. Es gab in vielen Regionen einen ‚eigenen’ Blocksberg, wohin die Hexen zum „Hexensabbat“ flogen, um ihren Pakt mit dem Teufel zu erneuern. Im Lauf der Geschichte wurden dann jedoch alle Blocksberge mit dem Brocken assoziiert. In der Literatur wird allgemein bemängelt, dass sich für diesen Geschichtsteil des Harzes Wissenschaft, Vermutungen und Sagen zu schwer entwirrbaren Quellen vermischen.
Eingegangen in die Weltliteraturgeschichte ist die Adaption des Faust- und Brockenmythos durch Johann Wolfgang Goethe, der endgültig den ‚Ruf’ des Berges festigte.
Auch die Sagenwelt liefert eine Erklärung für den legendären Berg. So heißt es, dass sich einst die letzten Sachsen für ihre heidnischen Feste, insbesondere dass um Walpurgis gelegene Kultfest, auf den Brocken zurückzogen. Um nun die christianisierenden Scharen Karls des Großen abzuhalten, verkleideten sich besonders schauerlich. In manchen Versionen der Sagen heißt es, auch der letzte Schnee habe noch von der Kuppe gekehrt werden müssen – so sei die Vorstellung um den Hexenbesen entstanden. Die Walpurgisfeste und –feuer sind somit nicht mit Hexenfeuern gleich zu setzen, sondern sie erinnern vmtl. dunkel an heidnische Gebräuche und wurden mit dem Tag der Heiligsprechung der Missionarin Walburga verwoben.
Allgemein sollte der Begriff „Hexenfeuer“ stark überdacht werden. Er steht in unmittelbaren Zusammenhang mit den furchtbaren Verbrechen der Hexenverfolgung, deren Hochzeit zwischen dem 15. bis 18. Jahrhundert lag und die auch im Harz vorkamen. Willkür und schwere Folter bestimmten den Prozessverlauf gegen unschuldige Frauen, Männer und Kinder.
„Neuzeitliche Hexen“ knüpfen abseits dieser belastenden Vergangenheit an die „Tradition“ der Weisen Frau an, beschäftigen sich mit Heilkräutern oder bewegen sich im Bereich der Esoterik. Die Harzer Walpurgis ist z. T. ähnlich manch Ausbrüchen des Faschings zu sehen, der einen Gegenpol zum genormten Alltag bietet. Hexen und Teufel umso mehr, da sie neben dem ungezügelten Verhalten einen Kontrast zum allgemeinen Körperideal bilden: Alt, hässlich und in Lumpen.
Auf den Spuren der Hexen im Harz:
Auf dem Brocken im Brockenhaus widmet sich ein Teil der Ausstellung dem Hexenkult. Jedes Jahr zum 30. April finden im ganzen Harz Walpurgisfeiern statt, besondere Zentren sind der Hexentanzplatz Thale und Schierke am Brocken. Hexenpuppen in allen Formen und Größen sind das ganze Jahr über beliebte Souvenirs.
Literatur zum Nachlesen und Quellen:
Monika Lücke, Diedrich Lücke: Ihrer Zauberei halber verbrannt. Hexenverfolgungen in der Frühen Neuzeit auf dem Gebiet Sachsen-Anhalts. Halle 2011.
Marc Dannenbaum: Auf dem Brocken: Hexen, Harz und Heine. o. O. 2012
MDR-Reportage: Die Brockenhexe – Hetzjagd an der Elbe (http://www.mdr.de/geschichte-mitteldeutschlands/film/brockenhexe-maria-kleinecke100.html)
Wikipedia-Eintrag zu Hexen und Hexenverfolgung
Ausgewählte Sagen auf www.harzinfo.de:http://www.harzinfo.de/kultur/harzer-sagen-und-mythen/ueberirdisch/hexenzauber.html
Hans-Jörg Uther: Sagen aus dem Harz. Augsburg 1998.