Bei Führungen und während der beliebten Braukurse, die beide das Qualitätssiegel Typisch Harz tragen, kann sich ein jeder vom besonderen Geschmack des handgemachten Bieres überzeugen. Norbert Gehring und Tochter Katja möchten ihre Liebe zur traditionellen Verarbeitung von Hopfen und Malz gern mit anderen teilen und Wissen sowie Erfahrung weitergeben. Und so erklären sie verständlich und mit allerlei Geschichten angereichert, was wirklich im Bierglas landet, das übrigens mittels der beliebten Selbstzapfeinrichtung im urigen Schankraum eigenhändig gefüllt werden kann. Und wenn nach Vortrag und Führung weiterer Wissensdurst zu löschen bleibt, erkunden die Bierfreunde direkt neben der Schrotmühle im Dachboden die Schätze des kleinen Museums mit historischen Gerätschaften und einer beachtlichen Flaschensammlung.
Der Ruf des Bieres rangiere in Deutschland leider mehrere Stufen unter dem von gutem Wein oder edlen Bränden, bedauert der 1961 in Magdeburg geborene Brauereibesitzer: "Bier hat für viele Menschen mit übermäßigem Alkoholkonsum zu tun. Diese Entwicklung nahm der wertvolle Gerstensaft allerdings erst mit Beginn der Industrialisierung, als sich das Nahrungs- und Heilmittel zum Genussmittel wandelte." Die ägyptischen Priester und Pharaonen wussten es hingegen als begehrtes nahrhaftes Zahlungsmittel zu nutzen. Im Mittelalter war Bier mit seinem leichten und bereits desinfizierenden Alkoholgehalt dem Volk eine gesunde Alternative zum meist keimbelasteten Trinkwasser. Dass dieses Volksgetränk zahlreiche für den menschlichen Körper wichtige Inhaltsstoffe besitzt - von Vitaminen bis Kieselsäure - war schon bald bekannt und diese Wirkung wurde durch die Zugabe von diversen Kräutern noch verstärkt. Das deutsche Reinheitsgebot verhindert solche "bierfremden" Zugaben heute zwar. Dennoch lässt sich durch Phantasie und Können allein mit Malz, Hopfen, Hefe sowie Wasser eine schier unglaubliche Vielfalt zusammenbrauen. "Wir können theoretisch aus etwa 20 Malz- und 260 Hopfensorten sowie 80 Hefestämmen auswählen", offenbart Norbert Gehring. Mathematisch ergeben sich gigantische Kombinationsmöglichkeiten. Aber nicht alles schmeckt auch. Hier kommt dem Doktor der Chemie seine naturwissenschaftliche Ausbildung zugute, die er in den 1980er Jahren an der Martin-Luther-Universität in Halle genoss. "Aromen sind immer chemisch begründet. Dadurch kenne ich häufig die Geschmacksrichtung bereits in einem frühen Experimentierstadium." So gebe es beispielsweise Hopfen, der nach Zitrus schmeckt, was sich durchaus auf die Note des Bieres auswirkt. Oder: Durch chemisch gekonnt gesetzte Wahl der Inhaltsstoffe erreichten die Wippraer Brauer bei ihrem "Kupferbier" auch gleich noch die treffende Farbe des Getränks! So wurde der Mansfelder Region und ihrem Kupfererzbergbau nicht nur mit Namen und Etikett ein Bier-Denkmal gesetzt.
Stichwort Inhaltsstoffe: Für die in Wippra mit Vorliebe gebrauten Bierstile Schwarz, Pils, Bock und Doppelbock verwenden Norbert Gehring, sein Braumeister Wolfgang König (seit 1976 mit Brauen und Mälzen beruflich verbandelt) und als künftiger Nachfolger Schwiegersohn Belarminio Rodriguez Sanchez überwiegend Hopfen aus Köthen. Malz kommt mittlerweile aus Nürnberg. Nur in den ersten Jahren lieferte den Rohstoff die Malzfabrik Sangerhausen, an die heute lediglich der Name eines neuen Gewerbegebietes erinnert. Aber das reine Wasser, das fließt freilich weiterhin direkt aus Harzer Quellen über das benachbarte Talsperrensystem ins Wippraer Bier. Mehr als ein Grund, das regionale Produkt mit dem Label Typisch Harz zu prämieren.
Wippraer Flaschen sind eine weitere Besonderheit der Traditionsbrauerei. "Um das handgemachte Bier hier in der Region zu einem akzeptablen Preis verkaufen zu können, haben wir uns für eine Abgabe in großen Literflaschen mit Bügelverschluss entschieden", erklärt Norbert Gehring. Auch eine Beteiligung am bundesweiten Pfandflaschensystem ist bei der geringen Jahresproduktion nicht wirtschaftlich, sodass man die großen braunen Flaschen mit dem schicken ausladenden Halsetikett nur direkt in Wippra oder den wenigen Verkaufsstellen im Umkreis von etwa 25 Kilometern zurück geben kann. Der Craft-Brauer: "Das funktioniert erstaunlich gut."