„Die Gelben sind die Choleriker“, erklärt Simone Seiboth. „Probieren Sie mal!“ Neugierig nehmen wir die kleinen Senfkörner entgegen und lassen sie im Mund zergehen. Da passiert erstmal nicht viel. Doch als wir zubeißen, entfaltet das Gewürz plötzlich seine volle Kraft. Schärfe breitet sich aus und der Geschmack von – na klar! – Senf. Ein Grinsen kann sich die Senfmüllerin nicht verkneifen, als sie in unsere Gesichter blickt, während die Würze auf unseren Gaumen auch schon wieder verschwindet. „Ganz anders verhält sich der schwarze Senf. Er entfaltet seine Schärfe sehr langsam, aber diese hält sich über lange Zeit.“ Noch vieles mehr über die Wirkungsweise von Kräutern und Gewürzen erfahren Besucher während einer Führung durch die Quedlinburger Senfmanufaktur.
Wir befinden uns nahe der Altstadt von Quedlinburg im Dippehof, einst Hauptsitz des florierenden Unternehmens der Gebrüder Dippe, die ihr Saatgut erfolgreich in die ganze Welt exportierten, bis die Familie 1945 enteignet wurde. In den hohen, das Areal begrenzenden Gebäuden trocknete früher das Saatgut. Zentrum des Hofes bildete der Pferdestall, in dem heute die Senfmanufaktur ihr Domizil hat. „230 Rösser standen hier, die vor allem für den Vertrieb gebraucht wurden“, erzählt Simone Seiboth und schaut sich um. Das kann man sich heute schwer vorstellen. Der Raum wurde geschickt aufgeteilt. Die Besucher nehmen während der Führungen und Workshops auf Holzbänken mit Tischen in der Mitte Platz, während ringsum in Handarbeit Senf produziert wird. In der Küche, an der Abfüllanlage und an der Etikettiermaschine herrscht reges Treiben.