Der Selketal-Stieg gilt als Geheimtipp für Wanderfreunde und Naturliebhaber. Das nachfolgend beschriebene Teilstück zwischen Stiege und Meisdorf folgt über weite Strecken dem Verlauf der Selke. Die sehr abwechslungsreiche und weitestgehend naturbelassene Landschaft kann etappenweise erwandert werden. Wer es gemütlicher mag, genießt das eine oder andere Teilstück als Fahrgast der Selketalbahn. Es lohnt deshalb, im Vorfeld die Fahrpläne zu studieren. Ausgeschildert ist der Selketal-Stieg mit einem rotweißen Symbol. Es zeigt die Silhouette der Burg Falkenstein.
Ausgangspunkt unserer Tour auf dem Selketal-Stieg ist der Bahnhof Stiege (485 m über NHN). Unter Eisenbahnfreunden ist er wegen der kleinsten Wendeschleife einer Schmalspurbahn bekannt. Es bestehen ausreichend kostenfreie Parkmöglichkeiten. Vom Bahnhof aus startet die Wanderung auf dem Selketal-Stieg in Richtung Güntersberge. Vorbei am Oberen Teich befinden wir uns außerhalb des Ortes schon im FFH-Gebiet inmitten von Bergwiesen. Oberer- und Schulteich stauen die Hassel, die im Füllenbruch südlich von Stiege entspringt. Auch dieses Quellgebiet ist von der Harzer Schmalspurbahn erschlossen. Es befindet sich am Haltepunkt Birkenmoor bei 535 m über NHN. Etwa 10 km unterhalb von Stiege erreicht die Hassel eine Vorsperre der Rappbodetalsperre. Noch innerhalb der Gemarkung Stiege werden wir auf dem Selketal-Stieg bei etwa 520 m über NHN die Wasserscheide zwi-schen der Hassel und der Selke queren. Erst nach gut 64 km wird bei Rodersdorf im nördlichen Harzvorland auch die Selke in die Bode münden.
Bergwiesen um Stiege
Die Blütenpracht der Bergwiesen um Stiege haben wir ursprünglich den Harzer Bergleuten zu verdanken. Sie führten ein hartes Leben. Der Bergbau allein war nicht aus-kömmlich. Daher brauchten sie eine Kuh oder Ziegen um die Existenz ihrer Familien abzusichern. Waldweide war verbreitet, doch es mussten auch Wintervorräte angelegt werden. Zur Heugewinnung dienten die ortsnahen Wiesen, die in bescheidenem Umfang auch mit wirtschaftseigenem Dünger, dem Stallmist, versorgt werden konnten. Je nach bodenbildendem Gestein, Bodenmächtigkeit, Wasserversorgung und verfügbaren Pflanzennährstoffen bildeten sich verschiedene Bergwiesen oder Artenreiche, montane Borstgrasrasen aus. Am Mühlberg, unmittelbar nördlich am Selketal-Stieg, pflegt heute der Landschaftspflegeverband Harz e.V. Teile der Bergwiesen. Die Flächen an den Steilhängen werden gemäht. Die aufwändige Pflege sichert die Artenvielfalt. Zum einen werden Pflanzenarten gefördert, die sich nicht so gut gegen andere Konkurrenten durchsetzen können. Zum anderen stellt die Mahd zur rechten Zeit sicher, dass die Wiesenpflanzen Samen ausbilden konnten. Mit dem Entfernen des Mähgutes werden der Fläche Nährstoffe entzogen, die heutzutage infolge von Emissionen aus Straßenverkehr und Industrie über die Luft und über Niederschläge in viel höherem Maße eingetragen werden als früher. Diese Nährstoffe (insbesondere Stickstoff) müssen durch die Entnahme des Aufwuchses dem Stoffkreislauf auf den Flächen entzogen werden. Andernfalls würden stickstoffliebende Gräser die Oberhand gewinnen. Immer weniger bunte Blumen wie Frühlings-Fingerkraut, Heidenelke oder Perücken-flockenblume und immer weniger Schmetterlinge wie Schwalbenschwanz, Goldener Scheckenfalter und Großes Ochsenauge würden die Szenerie bestimmen.
Zur anhaltischen Grenze
Im Sommer duften Echter Baldrian und Echtes Mädesüß. Rohrglanzgras und Seggen begleiten den Bach. Folgen wir dem Selketal-Stieg weiter in Richtung Güntersberge, verlassen wir bald die Wiesen und begeben uns in den Schatten des Waldes. Hier haben wir dann auch die Grenze zum Naturschutzgebiet (NSG) „Oberes Selketal“ überschritten. Es ist 1.611 ha groß und wurde 1998 endgültig unter Schutz gestellt. Ein ausgeschilderter Abzweig in Richtung Selkenfelde/Kanonenplatz führt uns zur Wüstung Selkenfelde. Dort befand sich das Dorf „Silicanvelth“ mit einer eigenen Kirche. Die Grundmauern der Kirche sind in Teilen noch erhalten. Aus Gründen der Erhaltung sollten wir sie aber nicht betreten. Die Siedlung war erstmals 961 urkundlich erwähnt worden, als Kaiser OttO I. (912–973) das Dorf in einer Schenkungsurkunde an das Stift Quedlinburg übereignet hat. Dorf und Kirche sind vermutlich schon im 16. Jh. zerstört worden. Die Siedlung wurde aufgegeben. Heute können wir hier unser Stempelheft der Harzer Wandernadel mit dem Stempel Nr. 55 vervollständigen. Im Dreißigjährigen Krieg lag noch im Braunschweigischen, unweit am Kanonenplatz die „Schwedenschanze“, ebenda im Siebenjährigen Krieg später die „Selkenfelder Schanze“. Schwarzerlen bilden im sumpfigen Quellgebiet der Selke einen Auenwald. Folgen wir dem Selketal-Stieg weiter, queren wir das NSG „Albrechtshaus“. Es besteht seit 1961 und wurde zuletzt 1985 auf nunmehr knapp 66ha erweitert. Schutzziel ist die Erhaltung typischer Waldgesellschaften im Bereich der Unterharzhochfläche, darunter Hainsimsen- und Waldmeisterbuchenwälder sowie die Erlenbruchwälder.Die hölzerne Kirche der ehemaligen Heilstätte Albrechtshaus erinnert in ihrer Bauweise an die Stabkirche Wang im Riesengebirge. Sie wurde 1905 erbaut und noch bis in die 1990er Jahre hinein genutzt.
Über Friedrichshöhe ins Selketal
Der Selketal-Stieg führt hinauf nach Friedrichshöhe. Friedrich Albrecht von Anhalt-Bernburg (1735–1796) hatte 1781 an der Grenze seines kleinen Fürstentums zum Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel ein Vorwerk erbauen lassen, den Gutshof jedoch bald wieder aufgelöst. Geblieben sind ein Dutzend Häuser der früheren Kolonisten sowie ein kleiner Friedhof unter einer mächtigen Eiche. Das einzige zweistöckige Gebäude, das in der „Landeskunde des Herzogtums Anhalt“ von 1907 Erwähnung fand, war ein Gasthaus. Wir verlassen Friedrichshöhe in Richtung Osten. Am Hasenwinkel geht es wieder in den Wald. Bald erreichen wir das Tal. Die Selke gleicht hier noch einem Bach, der sich durch die Wiesen schlängelt und der bald durch den Damm des früheren Mühlteichs, dem heutigen Bergsee, aufgehalten wird. Der Selketal-Stieg führt uns noch in ein Seitental. Am dortigen Katzsohlteich finden wir nicht nur die Stempelstelle Nr. 172 der Harzer Wandernadel, sondern auch einen sehr gepflegten Rastplatz mit Tisch und Bänken. Weiter geht es über die Brücke und dann parallel der Gleise der Selketalbahn bis zum Bahnhof Güntersberge. Unser nächster Abschnitt führt bis nach Straßberg durch das Selketal. Im weiten Tal ist der von Erlen und Weiden gesäumte Flusslauf eingebettet in Wiesen (FFH-Lebensraumtyp Magere Flachland-Mähwiesen von guter Ausprägung). Landwirtschaftliche Nutzung sichert deren Erhalt. Am Weg liegt der um 1725 erbaute Elbingstalteich. Er diente als Wasserspeicher für die Straßberger Bergbauanlagen im Zechenfeld und Rödelbachtal. Mittels Aufschlaggraben wurden die Wässer auf zwei Pochwerke geführt. Reste des Grabensystems sind noch heute zu entdecken. Kurz unterhalb des Elbingstalteiches steht eine Köte. Die Schutzhütte ist einer Köhlerhütte nachempfundenen. Über die „Alte Fluor“ erreichen wir danach den heutigen Bahnhof Straßberg, der ursprünglich Bahnhof Lindenberg hieß.
Nach Silberhütte
So wie Görlitz durch die Neiße in Görlitz in Deutschland und Zgorzelec in Polen geteilt wird, war Straßberg durch die Selke in Straßberg (Preußen) und Lindenberg (Anhalt) geteilt. Erst 1952 wurde Lindenberg eingemeindet. Der Selketal-Stieg macht innerorts einen kleinen Abstecher über die historische Grenze, verläuft dann aber links der Selke im Anhaltischen. Der Flusslauf im weiten Wiesental ist perlenschnurartig gesäumt von ausgedehnten Auenwäldern - vorwiegend aus Schwarzerlen, Bruch- und vereinzelten Silberweiden. Werden Auenwälder ihrer natürlichen Entwicklung überlassen, ragen neben hohen Bäumen auch umgestürzte, abgebrochene Bäume ins Wasser. Hier findet z. B. die Bachforelle sowie andere Bachbewohner Unterschlupf und Versteckmöglichkeiten. Auenwälder sind zudem ein natürlicher Hochwasserschutz. Sie verringern die Fließgeschwindigkeit und verhindern so das Entstehen von Flutwellen. Von der Selke durch die Gleise der Schmalspurbahn getrennt, geht es weiter durch den Wald. Wir erreichen Silberhütte. Der Ortsname verrät einen engen Bezug zum Harzer Bergbau und Hüttenwesen. Ab dem 17. Jh. verarbeiteten mehrere Pochwerke und eine Hütte das Erz aus den umliegenden Bergwerken. In Silberhütte queren wir den Uhlenbach. Eine Fischtreppe am Wasserfall neben der Brücke ermöglicht den Fischen ein ungehindertes Ziehen flussaufwärts. Der Unterharzer Waldhof in Silberhütte ist unser nächstes Ziel. Hier gibt es einen weitläufigen Spielplatz sowie waldpädagogische Angebote für Erwachsene, Kinder und auf Anfrage für Schülergruppen. Der Unterharzer Waldhof ist zudem Ausgangspunkt des Waldhof-Männchenweges zwischen Silberhütte und Alexisbad. Auf dem Lehrpfad werden wir von Tilli und Willi begleitet. Die hölzernen Waldmännchen geben Auskunft zu heimischen Baum- und Tierarten sowie zur Forstwirtschaft.
Alexisbad
Bleiben wir auf dem Selketal-Stieg, so werden wir den Ort nur aus der Vogelperspektive sehen. Erster Aussichtspunkt ist die Verlobungsurne auf dem Habichtstein. Unten im Tal hatte eine holländische Gewerkschaft 1691 auf der Suche nach Silber erfolglos einen Stollen aufgefahren. Dem am Mundloch auslaufenden Wasser jedoch wurde Heilkraft bescheinigt. Es zog 1767 die ersten Badegäste in den Harz. Unter der Regierung des Herzogs Alexius Friedrich Christian von Anhaltbernburg(1767–1831) begann 1810 der Neubau eines Stahlbades. Das nach dem Herzog benannte Alexisbad ist eingebettet in eine Landschaft, die eine einzigartige Symbiose von Park und wilder Natur darstellt. Den westexponierten Hang durchzieht ein dichtes Wegenetz. Es verbindet ein ganzes Dutzend Attraktionen und Aussichtspunkte wie die Verlobungsurne (Stempelstelle Nr. 177 der Harzer Wandernadel), das Birkenhäuschen, das ursprünglich dem preußischen General Friedrich Wilhelm Ludwig von Preussen (1794–1863), dem einzigen Schwiegersohn des Herzogs, gewidmete Friedensdenkmal, der Pioniertunnel etc. Nicht alle Attraktionen können wir gleichsam im Vorbeigehen erleben. Eigentlich lohnt ein längerer Aufenthalt. Der Selketal-Stieg folgt dem Klippenweg. Er führt durch einen wunderschönen Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald, der wegen seiner Kolonie baumbrütender Mauersegler in der ornithologischen Fachwelt überregionale Bekanntheit erlangte. Auf den trockenen und warmen Hängen und Klippen können sich Traubeneiche und Hainbuche gegen die sonst vorherrschende Rotbuche durchsetzen. Der sehr naturnahe Wald wird nicht mehr bewirtschaftet. Am lichten Waldboden blühen Buschwindröschen, später Maiglöckchen und Waldlabkraut. Über das Friedens-denkmal gelangen wir zum Luisentempel, benannt nach Wilhelmine Luise von Anhalt-Bernburg (1799–1882), der Tochter des Herzogs.
Nach Mägdesprung
Bald erreichen wir die Köthener Hütte (Stempelstelle Nr. 195 der Harzer Wandernadel). Sie wurde 1897 durch den Harzklub-Zweigverein Köthen errichtet und wird wegen ihres Glockenturms auch Kapelle genannt. Unten im Tal hören wir das Pfeifen und die in engen Kurven „singenden“ Räder der Selketalbahn. Oben im Wald singen Buchfink, Trauerfliegenschnäpper und alle sieben Arten unserer heimischen Meisen. Auch die Gruppe der Spechte ist mit mehreren Arten vertreten, darunter der seltene Mittelspecht. Letzte Station auf dem Klippenweg ist das gusseiserne Kreuz an der Mägdetrappe. luise, die mit Prinz Friedrich von Preussen verheiratet war, hatte es 1837 zur Erinnerung an ihren Vater, den Gründer von Alexisbad, aufrichten lassen. Dann geht es steil bergab nach Mägdesprung, wo viele der Kunstgussdenkmäler entstanden. Wahrzeichen Mägdesprungs ist der Obelisk am Bahnhof, eine Nachbildung des 22 m hohen Originals von 1812. Besucherattraktion ist das Carlswerk. Das Selketal mit Mägdesprung war eine Keimzelle der Industrialisierung. Wie eingangs schon erwähnt, wurde in Alexisbad der Verein Deutscher Ingenieure gegründet. Zu Mägdesprung gehören auch in größeren Abständen mehrere Gebäudegruppen im Selketal unterhalb des Carlswerkes. Sie gehörten zu vier Hammerwerken, die von Wasserkraft angetrieben wurden. Bei genauerer Betrachtung der Selke lässt sich deren einstmaliger Ausbau noch gut erkennen, etwa oberhalb der Brücke am Zweiten Hammer. Unterhalb des Dritten Hammers finden wir einen wunderschön ausgeprägten Schlucht- und Hangmischwald. Auf den äußerst steilen, schattigen Hängen tritt zum Teil das bloße Gestein hervor. Hier wächst ein seltener Mischwald aus Edellaubhölzern: Hainbuche, Bergahorn, Gemeine Esche u.a. klammern sich an den Hängen fest. Durch das schwierige Terrain wurden diese Wälder kaum genutzt. Es gedeihen das Ausdauernde Silberblatt und Farne wie der Dornige Wurmfarn.
Zur Selkemühle
An der Lampenbrücke durchqueren wir die schmalste Stelle des Selketals. Der Fluss drängt sich hier durch mächtige Plattenschiefer-Formationen und der Selketal-Stieg schmiegt sich eng an die Felsen. Die Selkebrücke an der Mündung des Schiebecksbaches ist ein sehr gelungener denkmalgerechter Neubau. Beim Blick in das Schiebecksbachtal entdecken wir das klassizistische Portal des Herzog-Alexius-Erbstollens. Ein Erbstollen ist in der Sprache der Bergleute der tiefste Entwässerungsstollen in einem Grubenrevier, der den darüber liegenden „enterbt“ hat. Der 2.256 m lange Stollen wurde zwischen 1831 und 1864 zur Untersuchung der Gangzüge nördlich von Harzgerode aufgefahren. Sein im Zeitraum 1830 bis 1848 entstandenes klassizistisches Portal ist ein eindrucksvolles Zeugnis zeitgenössischer Kunstgussprodukte. Unterhalb des früheren Forsthauses Scherenstieg weitet sich das Selketal. Bis zum Vierten Hammer bleiben wir aber noch im Wald. Auf den nun merklich sanfter abfallenden Hängen wächst ein fast reiner Rotbuchenbestand (FFH-Lebensraumtyp Waldmeister-Buchenwald). Unter dem dichten Blätterdach der Rotbuche haben kaum andere Baumarten eine Chance sich zu etablieren. Im Frühjahr leuchten hier Lerchensporn, Rote Schuppenwurz, Gelbes Windröschen und Leberblümchen. Im Sommer wachsen der namensgebende Waldmeister sowie das Einblütige Perlgras am dunklen Waldboden. Entlang des Selketal-Stiegs gibt es am Vierten Hammer (Stempelstelle Nr. 179 der Harzer Wandernadel) die letzte Einkehrmöglichkeit; das nächst gelegene frühere Gasthaus Selkemühle ist leider nicht mehr bewirtschaftet. An der Selkemühle endet die von Mägdesprung kommende öffentliche Straße. Wir finden hier eine Parkmöglichkeit und mit der Nr. 180 die nächste Stempelstelle. Ziel eines kleinen Abstechers vom Selketal-Stieg ist der Gipfel des Großen Hausbergs mit der Ruine der Burg, die dem Land Anhalt den Namen gab.
Grenzland
Es ist die Ruine der Burg Anhalt. Die einstmals repräsentative Burg ließ Albrechtder bär († 1170) aus dem Geschlecht der Askanier erbauen. Da die Kernburg vollständig aus Stein war, wurde sie „Aneholt“ (später „Anhalt“) genannt. Aus dem Althochdeutschen übersetzt, bedeutet dies: ohne Holz. Baum- und strauchfrei war auch der Burgberg. Heute aber wachsen dort seltene Baumarten, darunter die Elsbeere. Informations-tafeln geben dazu Erklärungen. Mit ihrer Hilfe gelingt es auch, die mittelalterliche Burg vor dem inneren Auge des Betrachters wiederentstehen zu lassen. Zurück im Selketal geht es in Richtung Meisdorf. Einige hundert Meter unterhalb der Selkemühle passieren wir die historische Grenze zwischen Anhalt und Preußen. Die beiden aneinander-grenzenden Naturschutzgebiete „Selketal“ (Preußen) und „Oberes Selketal“ (Anhalt) zeugen vom ehemaligen Verlauf unterschiedlicher Verwaltungsstrukturen. Auf den nächsten Kilometern unserer Wanderung durch das FFH-Gebiet ist eindrucksvoll erlebbar, was heinrich heine (1797–1856) zu diesen Worten inspirierte: „... die schöne Selke, die schöne, liebenswür-dige Dame, deren edle Einfalt und heitere Ruhe alle sentimen-tale Familiarität entfernt hält, die aber doch durch ein halb-verstecktes Lächeln ihren neckenden Sinn verrät.“Der Weg im Tal wird außer von Wanderern auch gern von Radfahrern genutzt. Mehrfach kreuzt er die Selke. Von einer der Brücken können wir das Gewässer nun etwas genauer in Augen-schein nehmen: Als einer der letzten Flüsse im Harz kann die Selke bis heute ohne größere Talsperre frei fließen. Zwischen Selkemühle und Meisdorf zeigt sich der FFH-Lebensraumtyp Fluss der planaren bis montanen Stufe in guter Ausprägung. Im dahinströmenden, kristallklaren Wasser wachsen zahlreiche Wassermoose sowie der Flutende Schwaden, ein Süßgras.
Falkenstein
Am Gasthof „Zum Falken“ wurde der Eselstieg zu einem Zweig des Selketal-Stiegs erklärt. Es geht hinauf zur Burg Falkenstein (Stempelstelle Nr. 200 der Harzer Wandernadel). Umgeben sind wir hier von einem beeindruckenden Hainsimsen-Buchenwald, stellenweise auch von Waldmeister-Buchenwald. Auf den nährstoffarmen, oft felsigen Böden wachsen Moose, Farne und Gräser, darunter die Weißliche Hainsimse. Im Waldmeister-Buchenwald hingegen ist die Vegetation üppiger. Oben angekommen, besuchen wir das Museum. Falkenstein ist eine der wenigen ursprünglich erhaltenen mittelalterlichen Burgen. Zu verdanken haben wir dies insbesondere Ludwig i. Graf von der Asseburg-Falkenstein (1796–1869). Als Preußischer Hofjägermeister und Mitglied des Preußischen Herrenhauses sah er sich zur Wiederherrichtung der Burg verpflichtet. Bis 1945 war die Herrschaft Falkenstein über 15 Generationen im Besitz der Herren von der Asseburg. Zurück im Selketal finden wir ihr im neugotischen Stil errichtetes Erbbegräbnis. Es liegt am linksseitig der Selke eingerichteten Fitness- und Erlebnispfad. Dort sammeln wir an der Stempelstelle Nr. 207 den letzten Stempelabdruck unserer Tour. Auch wenn wir auf die Abstecher zu den Burgen Anhalt und Falkenstein verzichtet haben sollten, können wir den Besuch von mindestens acht Stempelstellen nachweisen. Acht Stempelabdrücke im Wanderheft berechtigen zum Erwerb der Harzer Wandernadel in Bronze, die wir uns stolz an Hut oder Jacke heften dürfen. Unsere Tour durch das FFH-Gebiet „Selketal und Bergwiesen bei Stiege“ im EU-Vogelschutzgebiet „Nordöstlicher Unterharz“ geht am Schlosshotel Meisdorf zu Ende. Freiherr Achatz Ferdinand von der Asseburg (1721–1797) ließ das Schloss erbauen. Wer Freude am Naturerleben beim Wandern gefunden hat, folgt dem Selketal-Stieg noch durch das Vogelschutzgebiet bis Ballenstedt.