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Kiepen- und Botenfrauen

Auf einen Blick

  • Clausthal-Zellerfeld

Kiepen- und Botenfrauen - Die „Kamele des Oberharzes“

Erste Abbildungen der Kiepenfrauen finden sich seit Mitte des 16. Jahrhunderts. Über die Jahrhunderte bis in das 1. Drittel des 20. Jahrhunderts gehörten sie mit in das Bild des Harzes.

Als unglaublich zähe, duldsame und anspruchslose Frauen beschrieben, prägte ein Harzreisender als Vergleich den Begriff „Kamele des Oberharzes“. Lasten von über 40 Kilogramm transportierten sie auf ihrem Rücken in der Kiepe, jenem namengebenden Korb aus geflochtener Weide.

Die Frauen waren mit ihren täglichen, kilometerweiten Gängen Lebensadern in zweierlei Sinn: Zum einen wurde ihr Lohn dringend als Zubrot für die oft armen Bergbau- oder Waldarbeiterfamilien benötigt. Zum anderen bildeten die Frauen den Kontakt in die Ebene, tauschten benötigte Waren und wichtige Informationen aus. Erst recht in den Wintermonaten, in denen manche Harzer Bergorte wochenlang von der Außenwelt abgeschnitten waren und sich nur „ihre“ Botenfrau bei jedem Wetter auf den Weg machte.

Je nach Arbeitsgebiet unterschieden sich ihre Bezeichnungen: „Pulverträgerinnen“ brachten z. B. Schwarzpulver von Lautenthal zu den Bergorten Wildemann oder Schulenberg. Die „Landgängerinnen“ transportieren auf Bestellung frische Lebensmittel, Alkohol, Wolle, Briefe u. v. m. Die „Kulturfrauen“ wiederum wurden zur Waldpflege eingesetzt, pflanzten junge Bäume, hielten Schonungen von Wildwuchs frei.

Ihnen gemein war, dass sie jede freie Minute nutzen und oft während des Gehens strickten, um ihre meist zahlreichen Familienmitglieder mit Socken u. ä. auszustatten. Schwangerschaften hinderten die Kiepenfrauen nicht an der Ausübung ihres Berufes, Kleinkinder wurden in der Kiepe oder einem speziellen Mantel, der „Nenne“, mitgetragen und auch von Geburten auf der Wegstrecke wird berichtet. Bei Verlust ihrer Gesundheit waren die Kiepenfrauen ihrer Lebensgrundlage beraubt und mussten, sofern sie ohne Familie waren, sich oft vom Betteln ernähren.

Ihrer harten Arbeit entsprechend wurde ihr Äußeres um 1780 so beschrieben: „Die Trägerinnen, die sich von Lasttragen bis auf viele Meilen weit vom Harze, und vom Botengehen nähren, kommen in ihrer schlechten Kleidung mit einander vorzüglich darin überein, dass sie all, meistens rote, bis über die Knie in die Höhe aufgebundene Röcke anhaben, so dass um den ganzen Leib herum ein dicker Wulst vom Rocke entsteht, und man ihre säulenartigen Beine wenigstens bis an die Knie sehen kann; meistens sind sie, von dem vielen Bergsteigen, mit ungeheuren Waden versehen. Den Kopf umbinden sie gewöhnlich mit einem Tuch.“

Ein neues Arbeitsgebiet tat sich mit dem Beginn des Tourismus im Harz für Waldläufer und Kiepenfrauen auf: Als Wegkundige und duldsame Lastenträger traten sie bis in das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts als Harzführer in Erscheinung.

Auf den Spuren der Kiepenfrauen im Oberharz:

Einige der Wanderwege im Oberharz um Bockswiese, Wildemann, Clausthal-Zellerfeld oder Schulenberg verlaufen auf den alten Pfaden der Kiepenfrauen.

Literatur zum Nachlesen und Quellen:

Kräuterweiber, Kiepenfrauen und Botengängerinnen im Harz. Frauen in der Geschichte. Hrsg. vom Landkreis Goslar – Der Oberkreisdirektor Referat für Gleichstellungsfragen – Frauenbüro. Goslar 1991.

Uwe Lagatz: Wegweiser und Harzführer. In: Drs. unter Mitwirkung von Claudia Grahmann: HercyniaCuriosa oder Curiöser Hartz-Wald. Auf den Spuren früher Harzreisender. Wernigerode 2011, S. 28-31.


Auf der Karte

38678 Clausthal-Zellerfeld


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